SFB/FK-427 Medien und kulturelle Kommunikation

Popularisierung von Literatur und Sichtbarmachung des Unsichtbaren – ‚Tod‘, ‚Seele‘ und ‚Jenseits‘ in Bilderzyklen und Texten der Frühen Neuzeit

Projekt A2.2

Prof. Dr. Hans-Joachim Ziegeler, Gerald Kapfhammer (Wiss. Mitarbeiter)

Visio Tnugdali, Speyer, Johann und Konrad Hist, 1483 - © Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, GBIV6364

Das Forschungskolleg „Medien und kulturelle Kommunikation“ hat sich für die dritte Förderphase (2004-2008) u.a. zur Aufgabe gestellt, nach Verfahren von Sichtbarmachung in Medien zu fragen. Medien werden dabei als Raum betrachtet, in dem „etwas“ aufgrund spezifischer Strategien zum Vorschein gebracht werden kann. Durch die Beobachtung dieser Strategien sollen Dispositive bestimmter Medienformationen erforscht werden. Der Teilbereich A, zu dem auch unser Teilprojekt (A 2.2) gehört, widmet sich medialen Differenzen, die als Medienwechsel, Medienumbrüche, Medienkonkurrenz oder die Kopräsenz von Einzelmedien zu beobachten sind. In besonderer Weise gehört hierzu das Text/Bild-Verhältnis. In den vorangegangenen Förderphasen des Forschungskollegs wurde zur Beschreibung dieses Verhältnisses der Begriff der „wechselseitigen Transkription“ entwickelt: Weder Text noch Bild stellen autonome, hierarchisch gliederbare Repräsentationsformen dar. Beide Medien stehen vielmehr in einem als prozedural zu verstehenden Verhältnis der wechselseitigen Bezugnahme, aufgrund derer Sinn generiert wird. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir im Teilprojekt A 2.2 transkriptive Verfahren der Text/Bild-Relation innerhalb eines einzelnen Überlieferungsträgers und zwischen mehreren Überlieferungsträgern.

Zwei Fragestellungen stehen für unsere Arbeit im Mittelpunkt: Zunächst die eher generelle Frage nach dem „Mittelalter als Kultur der Sichtbarkeit?“. Diese Zuschreibung einer Epoche, die besonders in den Literaturwissenschaften vor dem Hintergrund einer semi-oralen Kultur getroffen wird (als Visualisierung mündlicher Kommunikation, die auf körperlicher Präsenz beruht), soll dabei am Spezialfall des generell Unsichtbaren untersucht werden. Die zweite Frage behandelt den Zusammenhang der medialen Abhängigkeit von Überlieferungen, insbesondere hinsichtlich des Medienwechsels von der Handschrift zum Buchdruck. Für diese Fragen untersuchen wir volkssprachige Texte, die – in großer Zahl verbreitet – Phänomene des Unsichtbaren thematisieren: etwa die zahlreichen Sterbebüchlein („Ars moriendi“), Visionsberichte wie die „Visio Tnugdali“ oder geistliche Erbauungsliteratur (Heinrich Seuse, Otto von Passaus „Die 24 Alten“, „Buch der Kunst“). Neben der Art und Weise der Sichtbarmachung (u.a. im Unterschied von Handschrift und Druck bzw. in Konkurrenz von Text- und Bildebene) geht es um die Untersuchung des Verhältnisses von massenhafter Verbreitung der Texte durch den Druck einerseits und der möglicherweise veränderten Rezeptionsweise in der Einzellektüre.

Visio Tnugdali, dt., Straßburg (Matthias Hupfuff) 1514; Titelblatt: Tundalus in seiner Ritteruniform - © Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, AD+BL162

Wegen seines unrechtmäßigen Lebenwandels wird Tundalus von Gott bestraft: Während sein Körper reglos zusammensinkt, wird seine Seele ins Jenseits geleitet. Unter Führung eines Engels muss er sich zunächst den Qualen der Hölle aussetzen.

Nach den unzähligen Höllenqualen darf Tundalus auch die Herrlichkeit des Himmels sehen.

Die glückseligmachende Schau des Himmels ist Tundalus nur für einen Moment vergönnt. Er muss zurück zur Erde. Dort führt er fortan ein tungendreiches Leben.


Informationen zum Forschungsprojekt

  • Projekt A2 - Mittelalter und Frühe Neuzeit als „Kultur der Sichtbakeit“? -Volkssprachige Bilderzyklen in Handschrift und Druck''
  • Projekt A2.2 - Popularisierung von Literatur und Sichtbarmachung des Unsichtbaren – ‚Tod‘, ‚Seele‘ und ‚Jenseits‘ in Bilderzyklen und Texten der Frühen Neuzeit
  • Mitarbeiter: Prof. Dr. Hans-Joachim Ziegeler (Leitung), Gerald Kapfhammer (Wiss. Mitarb.), Franziska Knob (Stud. Hilfskraft)

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Zuletzt geändert am 03. Juli 2007 um 15:07 Uhr - Kontakt - Login zum Bearbeiten

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